Maria Binder, die Vorsitzende der KAB Ortsverband Tutzing begrüßte am 15. Oktober 2024 zu diesem Informations- und Gesprächsabend den KAB Bildungsreferenten Raphael Zikesch, Pflegeberaterin Annette Schubert vom Pflegestützpunkt Starnberg und Armin Heil, Geschäftsführer der Ambulanten Krankenpflege Tutzing e.V.
Auch Raphael Zikesch begrüßte die Anwesenden im Namen der KAB und freute sich, dass der Ortsverband Tutzing dieses wichtige Thema behandelt. Durch den demografischen Wandel spitzt sich die Pflegesituation in unserem Land zu. Das Landratsamt nimmt sich derzeit dem Thema an und gründet Arbeitskreise für den Pflegenotstand. Es muss uns klar sein, das die Pflege nicht zu 100 % vom Staat bezahlt werden kann. Inzwischen ist es schon so, dass 5 von 7 zu pflegenden Menschen Zuhause von Angehörigen gepflegt werden. Es mangelt am Personal und die Kosten steigen.
Armin Heil dankte der KAB ebenfalls, und bringt das Thema auf den Punkt mit den Worten „Wer hilft, wenn niemand mehr da ist?“. Und so erklärt er uns in einem kleinen Vortrag, wie es um die Pflege bei uns steht. Wenn es um Pflege geht, ist der ambulante Dienst immer an 3. Stelle. Im Landkreis gibt es 31 Pflegedienste. Unser Landkreis hat über 5000 zu pflegende Menschen, Tendenz steigend. 36 % der zu pflegenden Personen werden ambulant gepflegt, 23 % werden in stationären Pflegeheime gepflegt und 51 % der Menschen pflegen ihre Angehörigen selber. Die Politik freut sich drüber, denn sie hat keine Lösung – die Politik kann es nicht mehr lösen!
Die Pflegeversicherung hat kein Geld mehr, deshalb sollte jeder, der einen Pflegegrad beantragen möchte, sein Anrecht auf Pflege überdenken. Die Pflegeversicherung übernimmt die Pflege am Körper, nicht sonstige Dienste, die der Mensch nicht mehr leisten kann. Den Pflegegrad stellt der Medizinische Dienst fest, aber 1/3 der Besuche des medizinischen Dienstes sind umsonst, weil auf das Erwartete kein Anspruch besteht. Verordnete Behandlungspflege wie Stützstrümpfe an- und ausziehen oder Spritzen geben ist kein Anspruch auf einen Pflegegrad.
Betreutes Wohnen sollte der Betroffene nicht zu spät entscheiden, sondern noch, wenn das Leben noch gut geht. Eigentlich ist „betreutes Wohnen“ ein falscher Ausdruck. Es müsste heißen „altersgerechtes Wohnen“. Heil rät den Zuhörenden, lieber das Geld, das man sich das Leben lang angespart hat, für eine gute altersgerechte Wohnung auszugeben. Das hat man sich verdient. Das betreute Wohnen in Bernried beinhaltet 12 Wohnungen, ein Bürgertreff mit Quartiers-Managerin und eine Tagespflege.
Es gibt keine Kurzzeitpflegeplätze im Landkreis Starnberg und von 24-Stunden Pflege sollten wir uns verabschieden, denn in Deutschland darf gar nicht 24 Stunden gearbeitet werden.
Hier muss man wissen, dass diese „24-Stunden-Pflegekräfte“ Hausfrauen sind und keine ausgebildeten Pflegekräfte.
Es gibt in Starnberg, Tutzing und Bernried Tagespflegen, die für die Angehörigen eine enorme Entlastung sein können und eine gute Tagesstruktur bieten – gerade für Alleinstehende – in den Alltag bringen. Hier sind die Menschen gut aufgehoben. Es sind nicht alle von Demenz betroffen, sondern alle haben ein Handicap. Sind sie einmal da, freuen sie sich über die Gemeinschaft.
Und nach diesen Ausführungen kam Heil auf die Ausgangsfrage zurück: „Wo geht die Reise hin?“ Es ist Aufgabe der Experten die Laien gut zu schulen. Wir müssen lernen uns gesellschaftlich zu engagieren und die Angehören befähigen, sich zu kümmern. Heil sagte zu den Anwesenden älteren Personen, sie möchten ihre Wünsche ihren Kindern mitteilen und nicht erwarten, dass diese ihnen die Wünsche von den Augen ablesen, das klappt nämlich nicht. Durch diese Kommunikation fangen die nachfolgenden Gererationen an, sich mit dem Helfen auseinanderzusetzen und Verantwortung zu übernehmen.
Frau Schubert wies darauf hin, dass es im Landratsamt eine Ehrenamtsbörse gibt. Man kann dort anrufen, wenn man helfen möchte z.B. einen Besuchsdienst für das Altersheim anbieten oder Einkäufe erledigen etc. Wir sollten die Nachbarschaftshilfe wiederbeleben, denn das Engagement lässt nach und das merken wir gerade in der Pflege sehr. Auf die Frage, wie das gehen soll, weist Frau Schubert darauf hin, dass der Landrat vor kurzem eine Pflegekonferenz einberufen hat und einen Arbeitskreis „Informelle Pflege“ gegründet hat. Hier arbeitet ein ganz motiviertes Team von professionellen und ehrenamtlichen Menschen, die von vielen Themen wissen und diese aufgreifen. Wir müssen offen sein für Veränderungsprozesse und die Dinge, die da kommen.
Heil übernahm das Schlusswort und sagte, noch haben wir gute Systeme, aber es funktioniert nicht mehr so wie früher. Die Tutzinger haben keinen Grund zu klagen, es funktioniert hier noch alles und bei allem Jammern ist unser Gesundheitssystem immer noch bestens. Wir können dankbar sein, dass wir hier ein Krankenhaus, dass wir noch Ärzte im Ort haben und eine Ambulante Krankenpflege. Tutzing ist offen, der Landkreis ist offen und wir sollten uns noch mehr vernetzen und mit der nächsten Generation im Gespräch bleiben.