Am 1. April 2025 füllte sich der Saal des Roncallihauses bis auf den letzten Platz. Pfarrer Peter Seidel begrüßte herzlich die zahlreich erschienenen Gäste sowie den renommierten Redner des Abends, Pfarrer Udo Hahn, Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing, der auch als Rundfunkprediger und Autor vieler geistlicher Texte weithin bekannt ist. Pfarrer Seidel zeigte sich erfreut, dass dieser besondere Vortragsabend möglich wurde – ein Abend ganz im Zeichen von Dietrich Bonhoeffer.
Schon zu Beginn wurde deutlich, dass es kein gewöhnlicher Vortrag werden sollte. Hahn freute sich, mal wieder im Roncallihaus zu sprechen. Er wählte einen aktuellen Anlass für seinen Einstieg: den kontrovers diskutierten Film „Bonhoeffer – The True Story“ von Eric Metaxas. „Dieser Film“, so der Redner, „steht in vielem quer zu Bonhoeffers Wesen, Werk und Wirken.“ Viele Kenner und sogar Bonhoeffers Familie haben öffentlich Kritik geäußert – unter anderem wegen historischer Fehler und ideologischer Verzerrungen.
Ein zentrales Anliegen des Abends war es daher, dem wahren Bonhoeffer nachzuspüren. Der Redner warf die wichtige Frage auf: Wem gehört Bonhoeffer? Jede Generation müsse aufs Neue fragen, wer erinnert, in welchem Konsens – und was wir aus diesem Erbe in unseren Alltag mitnehmen. Diese Frage wird auch in einer Tagung der Evangelischen Akademie Tutzing in Flossenbürg, die von Pfarrer Udo Hahn geleitet wird, eine Woche später diskutiert.
In seinem facettenreichen Vortrag zeichnet Hahn ein lebendiges Bild des Theologen. Dietrich Bonhoeffer, geboren in eine gutbürgerliche, christlich geprägte Familie, war ein Ausnahmetalent. Mit 17 machte er Abitur, studierte Theologie, absolvierte zwei Examina und war früh ein Vordenker der ökumenischen Bewegung. Studienaufenthalte führten ihn nach New York, später arbeitete er in der Bekennenden Kirche. 1935 wurde sein Predigerseminar geschlossen. Trotz der Gefahren kehrte Bonhoeffer aus den USA zurück ins nationalsozialistische Deutschland – ein mutiger Schritt.
Die Verweigerung der Arbeitserlaubnis, das Redeverbot, schließlich seine Inhaftierung – all das konnte seinen Geist nicht brechen. Bonhoeffer verarbeitete in Haft Gelesenes in Tagebüchern, schrieb Gebete, Meditationen – und das berühmte Lied „Von guten Mächten“. Ursprünglich als Weihnachtsgruß an seine Familie und Verlobte geschrieben, ist es heute ein Inbegriff der Zuversicht.
Er, der den Tod vor Augen hatte, fand Worte, die bis heute Trost, Kraft und Glauben spenden. „Er redet über den Glauben, ohne ständig ‚Gott‘ zu sagen – und doch ist alles davon durchdrungen“, so der Redner. Die Frage „Was ist Glaube?“ würde Bonhoeffer schlicht beantworten: „Gott ist da.“ – eine Präsenz, die trägt und stützt.
Dietrich Bonhoeffer starb wenige Wochen vor Kriegsende im KZ Flossenbürg – als persönlicher Gefangener Hitlers, hingerichtet mit brutaler Härte. Erst Jahrzehnte später wurde das Urteil gegen ihn aufgehoben. Heute gilt er als eine der bedeutendsten christlichen Stimmen des 20. Jahrhunderts – verehrt in der evangelischen wie auch katholischen Kirche.
Der Abend endete mit einem kleinen Austausch bei Getränken. Viele Gäste blieben noch, um Gedanken zu teilen, Fragen zu stellen oder einfach die Eindrücke wirken zu lassen. Ein Abend, der lange nachhallen dürfte – getragen von der Überzeugung, dass Bonhoeffers Leben und Worte auch heute noch Wegweiser sein können.

